Die große Transformation gestalten. Implikationen für Europa
Die Welt ist im Umbruch. Die Indizien für eine Vielfachkrise von Umwelt, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft sind vielfältig: Berichte des Weltklimarats zeigen die zunehmende Wahr- scheinlichkeit unkontrollierbarer Klimaveränderungen. Die Konkurrenz um die Kontrolle von Ressourcen verstärkt sich, und die globalen Interessengegensätze blockieren lösungsorientierte Kooperationen. Im September 2008 stand die Welt kurz vor dem Abgrund, ein Crash mit unabsehbaren Folgen für Wirtschaft und Gesellschaft schien möglich. Dazu kam es nicht. Doch der Anstieg von Armut und Arbeitslosigkeit in Teilen Europas zeigt, dass gerade unser Konti- nent vor zivilisatorischen Rückschritten nicht gefeit ist (vgl. Schwarz 2014). Es ist dies heute keine kleine Krise, die an ihrem Ende zum Zustand vor der Krise zurückführt. Vielmehr wird dieser Umbruch zu umfassenden Veränderungen bestehender sozialer Formen führen, d.h.zu umfassenden Veränderungen unserer Art zu denken, zu arbeiten und zu entscheiden. Ich nenne dies Transformation, Trans-Form-ation.
Überlegungen über die Zukunft Europas in dieser Transformation müssen gleichermaßen den bisher privilegierten Status und den rasanten Bedeutungsverlust Europas als grundlegend neue geoökonomische Konstellation berücksichtigen (UNDP 2013: 12-18). Der vorliegende Text sucht nach Wegen, diesen für die Menschen in Europa problematischen Umbruch nicht einfach zu erleiden, sondern zu gestalten. Dies gleichermaßen aus Verantwortungsgefühl wie aus Ei- geninteresse. Europa, dessen Wohlstand wesentlich auf dem exzessiven Ressourcenverbrauch einer von fossilen Energieträgern abhängigen Produktions- und Lebensweise beruht, hat eine historische Verantwortung, den Übergang zu einer postfossilen Gesellschaft umgehend einzu- leiten. Es ist aber auch im Eigeninteresse Europas, kompetitive Formen der Krisenbearbeitung durch kooperative und solidarische zu ersetzen, weil eine Verteilung knapper Ressourcen ge- mäß des Rechts des – militärisch oder wirtschaftlich – Stärkeren mittelfristig zulasten Europas gehen wird.